Mit dem Inkrafttreten des Ganztagsförderungsgesetzes (GaFöG) im Oktober 2021 wurde ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder eingeführt. Dieser Schritt ist eine bedeutende Entwicklung für die Bildungslandschaft in Deutschland.
Doch die Umsetzung dieses Rechtsanspruchs bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich, die sowohl fachlicher, methodischer als auch struktureller Natur sind. Wir möchten hier auf drei Herausforderungen näher eingehen und Ihnen einige Ideen nennen, mit denen Sie diese erfolgreich bewältigen können…

Herausforderungen im Ganztag erfolgreich bewältigen!

Multifunktionale Nutzung des Schulgebäudes

Herausforderung

Die vorhandenen Schulräume sind häufig nicht für eine ganztägige Nutzung ausgelegt. Insbesondere in älteren Schulgebäuden fehlen oft flexible Raumkonzepte, die den unterschiedlichen Bedürfnissen von Unterricht und Freizeit gerecht werden. Eine starre Trennung zwischen Schul- und OGS-Räumen ist nicht nur ineffizient, sondern auch pädagogisch wenig zielführend. Multifunktionale Raumnutzung soll hier Abhilfe schaffen, denn oft wird wie folgt argumentiert: „Was am Vormittag in die Schule passt, passt auch am Nachmittag hinein.“
So einfach ist es jedoch nicht, denn Kinder haben differenzierte und tageszeitabhängige Bedürfnisse, denen es gilt gerecht zu werden, wenn man von qualitativer pädagogischer Betreuung spricht. So entstanden verschiedene Konzepte der multifunktionalen Raumnutzung und zwei Lösungsansätze, die man in jedem Fall berücksichtigen sollte…

Lösungsansatz I:
Flexible Möblierung und Raumgestaltung

Durch den Einsatz von modularen Möbeln und variablen Raumgestaltungen können Klassenzimmer schnell für verschiedene Zwecke umfunktioniert werden. Beispielsweise kann ein Raum, der vormittags für den Unterricht genutzt wird, nachmittags für kreative Workshops oder Gruppenarbeiten dienen. Dies fördert nicht nur die Raumnutzungseffizienz, sondern auch die Kreativität und Selbstständigkeit der Kinder.

Lösungsansatz II:

Integration und Nutzung von Außenflächen

Die Nutzung von Außenbereichen wie Schulhöfen oder nahegelegenen Parkanlagen kann den Raum für Bewegung und Erholung erweitern. Hierbei geht es darum, den vorhandenen „Raum“ neu zu denken und bedürfnisorientiert zu nutzen. Schule sollte als Lebensraum verstanden werden. Weitere Inspirationen hierzu finden Sie unter folgendem Link (mehr erfahren), in dem verschiedene Schulen einen Einblick in ihre Idee der Raumnutzung geben.

Fachpersonal und multiprofessionelle Teams

Herausforderung

Der Fachkräftemangel im pädagogischen Bereich ist eine der größten Herausforderungen im Ganztag. Viele Teams im Ganztagsbereich verfügen über verschiedene Qualifikation, Kompetenzen und Berufsabschlüsse. Oft finden sich hier auch Quereinsteiger:Innen, die keine pädagogische Ausbildung absolviert haben. Um eine qualitativ hochwertige Arbeit sicherstellen zu können, ist es hier besonders wichtig, die Zusammenarbeit in den multiprofessionellen Teams der Ganztagsschulen durch verschiedene Ansätze nachhaltig zu stärken. Hierbei geht es um die gezielte Entwicklung der Teams, sei es auf fachlicher oder zwischenmenschlicher Ebene…

Lösungsansatz I:

Fort- und Weiterbildungsprogramme

Durch gezielte Qualifizierungsmaßnahmen können Mitarbeitende in der OGS ihre pädagogischen Kompetenzen erweitern. Das BMFSFJ unterstützt solche Programme, um die Fachkräfte für die Anforderungen des Ganztags zu wappnen.
Hierbei gibt es verschiedenste Fachinhalte, die vermittelt werden könne, um die Teams bestmöglich aufzustellen. Im Optimalfall lernen die Einrichtungen und Teams sogar voneinander und nutzen so die bestehenden Ressourcen, um sich kontinuierlich zu verbessern. Mehr hierzu finden Sie in unserem Beitrag zum Thema „Wissensmanagement im Ganztag„.

Lösungsansatz II:

Multiprofessionelle Teams

Die Zusammenarbeit von Lehrkräften, Erzieher:Innen und weiteren Fachkräften ermöglicht eine ganzheitliche Förderung der Kinder. Ein Beispiel ist die Friedrich-Wöhler-Schule in Kassel, die erfolgreich ein multiprofessionelles Team etabliert hat. Mehr Informationen finden sie unter folgendem Link (mehr lesen) ab Seite 81.
Die Einführung von multiprofessionellen Teams kann herausfordernd sein, dennoch überwiegen die positiven Ergebnisse, besonders im Hinblick auf die Kooperation zwischen Vormittags- und Nachmittagsbereich, weswegen dieser Ansatz in jedem Fall verfolgt werden sollte.

Konzeptionelle Integration von Schule und OGS im Ganztag

Herausforderung

Die Etablierung geeigneter Konzepte und Prozesse, die eine enge Verzahnung von OGS und Schule ermöglichen, stellt eine zentrale Herausforderung dar. Eine isolierte Betrachtung der beiden Bereiche führt zu ineffizienten Abläufen und verpassten Potenzialen für die ganzheitliche Förderung der Kinder. Dennoch werden häufig der Vormittag vom Nachmittag separiert, was dazu führt, dass zwei Seiten, zwei separierte Teams und Konzepte entstehen. Gemeinsam sind die Teams, die nicht selten über 30 Personen zählen, jedoch viel stärker. Ob Personalmangel, herausforderndes Verhalten oder kreative Konzeptentwicklung. All‘ diese Dinge sind leichter, wenn man sie aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Die Basis hierbei ist ein funktionierendes Konzept, was für die Praxis entwickelt wurde…

Lösungsansatz I:

Gemeinsame Konzeptentwicklung

Schule und OGS sollten gemeinsam ein pädagogisches Gesamtkonzept entwickeln, das sowohl den Unterricht als auch die Nachmittagsbetreuung umfasst. Dabei ist es wichtig, klare Absprachen zu treffen und Verantwortlichkeiten transparent zu gestalten. Ob Hausregeln, Tokensystem, Kinderparlament oder Elternrat, all dies‘ kann gemeinsam erarbeitet und etabliert werden. So wird auch eine enge Vernetzung von Ressourcen sichergestellt, was den Familien wiederum entgegenkommt. Auch die Kinder und Mitarbeitenden fühlen sich sicherer und können sich besser orientieren, wenn ein einheitliches Konzept im Lebensraum der Schule (vor-)gelebt wird.

Lösungsansatz II:

Regelmäßiger Austausch und Reflexion

Ein kontinuierlicher Austausch zwischen Lehrkräften, OGS-Mitarbeitenden und Eltern ist unerlässlich, um die Qualität der Betreuung und Förderung stetig zu verbessern. Dies kann durch regelmäßige Teamsitzungen, gemeinsame Fortbildungen und Feedbackrunden erfolgen. Wichtig hierbei ist, dass die Kommunikationswege klar strukturiert sind, sodass niemand das Gefühl bekommen könnte, seine Meinung würde nicht gehört. Auch hier geht es um Vernetzung von Kompetenzen und Ressourcen, aber auch um den klaren Austausch bei heiklen oder neuen Themen.

Herausforderungen im Ganztag - oder vielleicht Chancen?

Der Rechtsanspruch, welcher ab dem 1. August 2026 in Kraft treten soll, setzt viel Entwicklung im Ganztagsbereich voraus. Viele Einrichtungen und Schulen fangen an, sich intensiver miteinander zu vernetzen, Ressourcen aufzudecken und Konzepte zu entwickeln, die die Betreuung der Kinder im Vor- und Nachmittagsbereich einheitlich sicherstellen.
Zunächst wirkt diese Aufgabe wohl überwiegend herausfordernd – jedoch birgt sie nicht nur Herausforderungen, sondern auch viele Chancen. Es geht um Entwicklung, um von- und miteinander lernen, um neue Wege gehen für die Familien und Kinder unserer Gesellschaft, aber auch für die Teams, die das System und die Aufgaben, die es mit sich bringt, jeden Tag bewältigen.
Wir würden uns wünschen, es gäbe viel mehr Austausch darüber sowie mehr Einrichtungen und Schulen, die von ihren Ideen und Erfolgserlebnissen berichten.
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